Bemerkungen zur Nachzucht von Phelsuma guttata KAUDERN, 1922

Peter Streibert & Udo Hoesch (Der TagGecko Nr.55 3/2006)

 

Der Artname leitet sich von guttatus ( lateinisch ) = tropfenförmig ab.

Holotypus: SMF 22669

Terra Typica: Fandrarazana, NO-Madagaskar, 16° 45 ´ S, 49 ° 44 ` O

Synonyme:
1922 Phelsuma guttata Kaudern, Zool. Jb. (Syst.) , Jena, 45:418, Tafel 12, Fig. 1-1a.
1939 Phelsuma guttatum Rendahl, Zool. Jb. (Syst.), Jena, 72: 268.

Einleitung:
Phelsuma guttata wurde aufgrund einer Reise von Kaudern von November 1911 bis März 1912 anhand eines einzigen Exemplares 1922 beschrieben. Da die Erstbeschreibung anhand eines zehn Jahre alten Alkoholpräparates erfolgte, war die Farbbeschreibung mangelhaft und konnte erst 1980 durch Meier anhand von drei im Februar 1977 gesammelten Exemplaren korrigiert werden. Zu dieser Zeit hielt man Phelsuma guttata für eine recht seltene Phelsumenart.

Beschreibung:

Sie ist eine mit ca. 12 – 13 cm Gesamtlänge schlanke, spitzköpfige Art, deren dorsale Grundfarbe von dunkelgrün über hellgrün bis türkisblau variieren kann. Der ganze Körper ist mit dunkelen, teils leuchtenden roten Flecken überzogen. Ein rotbrauner Schnauzenstrich beginnt im Bereich des Nasenloches und endet postocular. Das Auge ist bernsteinfarben, während die Flanken und Extremitäten grau und stark marmoriert sind. Ventral und subcaudal überwiegt eine weiße bis hellgraue Färbung. Zwei bis drei nach distal geöffnete V- Zeichnung sind auf der Kehle zu erkennen. Es gibt keinen auffälligen Geschlechtsdimorphismus. Adulte Männchen lassen sich anhand deutlicher Femoralporen und Hemispenistaschen von den Weibchen unterscheiden.

Verbreitung und Lebensraum:
Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich entlang der Ostküste von der Masoala-Halbinsel im Norden bis ca. 100 km südlich von Tamatave als südliche Verbreitungsgrenze. Bislang bekannte Fundorte sind: Ste. Marie, Maroansetra, Nosy Mangabe, Ambohitralanana. Im November/Dezember 2001 konnte ich (P.S.) am westlichen Masoala-Küstenabschnitt Phelsuma guttata selbst beobachten.
Primärregenwälder bilden im Inneren und an deren Rändern den Biotop von Phelsuma guttata. Oft werden Ravenala, Pandanus, Bananenstauden, verschiedene Laubbäume in intakten, zusammenhängenden Primärwaldgebieten bewohnt. Die Tiere wurden überwiegend in ein meter Höhe bis in die oberen Regionen der Regenwaldbäume gefunden. Das Verbreitungsgebiet deckt sich mit den höchsten Niederschlagsmengen Madagaskars. Die Tagestemperaturen liegen im Sommer bei ca.30°C und im Winter bei ca.25°C; die Nachtemperaturen fallen selten unter 20°C. Die Temperaturen in Primärwaldgebieten liegen immer deutlich unter den angegebenen Werten.

Haltung und Nachzucht:
Im Oktober 2003 erhielt ich (P.S.) drei semiadulte Jungtiere unbekannten Geschlechts, die laut Herkunftsnachweis im April bzw. Juni des gleichen Jahres geschlüpft waren. Sie wurden einzeln in Terrarien mit den Grössen 20 cm x 20 cm x 30 cm ( B x T x H ) untergebracht.
Auf eine Heizung wurde verzichtet, lediglich eine durch meinen Fünferblock geführte Leuchtstoffröhre der Marke Sylvania Reptistar 6500 K sorgte für ausreichende Wärme.
Mehrere waagerecht und senkrecht eingebrachte, fingerdicke Bambusstangen und eine getopfte, kleinwüchsige Sansiverie dienten als Einrichtung. Der Boden wurde mit Küchenpapier ausgelegt, das täglich zur Erhöhung der Luftfeuchte nass gehalten wurde.
Zusätzlich wurde ein in eine rechteckige Plastikschale eingepasster Schwamm zur Erhöhung der Luftfeuchte ständig nass gehalten. Über eine auf dem Boden stehende Vogeltränke konnte stets frisches Trinkwasser aufgenommen werden. Die Jungtiere wurden täglich abwechselnd mit Drosophila und Heimchen in angemessener Größe gefüttert. Ständig stand täglich frischer aus gemixter Banane inklusive Korvimin und einem Multivitaminpräparat zusammengesetzter Brei zur Verfügung, welcher gerne gefressen wurde.

Im Alter von ca. 9 Monaten und einer Gesamtlänge von ca . 9-10 cm entpuppten sich alle drei Phelsuma guttata als Weibchen.
Im Dezember 2004 konnte ich( P. S. ) 1,1 Phelsuma guttata NZ Juli 2003 erwerben, um eine Zuchtgruppe aufbauen zu können.
Ich (P.S.) habe nacheinander das Männchen mit allen vier Weibchen verpaart. Bei allen vier Weibchen kam es zu mehreren befruchteten Eiablagen. Die Eier hatten durchschnittlich eine Größe von ca. 8 x 10 mm. Weil ich (P.S.) nur ein einzelnes Männchen hatte, habe ich (P.S.) die Eier bei 27-29°C ohne Nachtabsenkung gezeitigt, in der Hoffnung, bei dieser Temperaturspanne Männchen zu erzeugen. Durch die hohe Zeitigungstemperatur sind die Schlüpflinge so schwach aus den Eiern gekommen, dass sie nicht die Terrarienscheiben hochklettern konnten.

Regelmäßig kam es zu Häutungsschwierigkeiten. Infolgedessen haben Hautreste Zehen und Schwanzspitzen so abgeschnürt, dass diese abstarben. Die so stark gehandicapten Jungtiere verstarben recht bald. Durch die Misserfolge, die offensichtlich im Zusammenhang mit den zu hohen Zeitigungstemperaturen standen, inkubierte ich (P.S.) die weiteren Gelege bei 22-25°C tagsüber und 18-19°C nachts. Durch die gesenkte Inkubationstemperatur kamen die Schlüpflinge bei wesentlich kräftiger Konstitution aus dem Ei. Bei unveränderten Aufzuchtbedingungen kam es zu weiteren Ausfällen, die die gleiche Ursache hatten.

Somit war ich (P.S.) gezwungen, die Aufzuchtbedingungen zu verändern, indem ich (P.S.) Terrarien nahm, die mit je einem 5 Watt-Hallogenstrahler innerhalb bestückt waren. Der Bodengrund bestand aus 3-4 cm gut gewaschenen, ständig nass gehaltenen Eichenblättern. Die Bodentemperatur von ca.20°C entsprach in etwa der Zimmertemperatur, durch die von dem Hallogenstrahler abgegebene Wärme hielten sie sich tagsüber überwiegend bei 25-27°C auf. Terrarienbereiche mit mehr als 30°C werden von den Jungtieren gemieden, sie bevorzugen halbschattige Stellen und meiden grelles Licht. In den Terrarien wird 2-3 mal täglich gesprüht, um die Luftfeuchte auf hohem Niveau zu halten und dem Trinkbedürfnis entgegenzukommen. Die Hallogenspots sind 14 Stunden eingeschaltet, nachts reduziert sich die Temperatur auf 18-19°C.

Korkeichenrinde und daumendicke Korkeichenäste in diagonaler und senkrechter Position dienen als Lauffläche. Einzelhaltung sollte man bevorzugen, da sich die Jungtiere bei Gruppenhaltung gegenseitig stressen können. Es hat längere Zeit gedauert, bis ich (P.S.) durch vielfaches Beobachten und Verändern der Aufzuchtbedingungen Erfolg hatte, weil wenige Informationen bezüglich der Haltungs- und Aufzuchtsbedingungen vorlagen. Die mehrjährigen Nachzuchterfahrungen bei P.l.laticauda, P.guimbeaui, P.modesta, P.nigristriata, P.klemmeri, P.ornata, P.standingi, P.m.madagascariensis, P.robertmertensi und diversen Nachtgeckoarten waren wenig hilfreich, um die optimalen Nachzuchtbedingungen bei Phelsuma guttata herauszufinden.

Sprühen war bei der Jungtieraufzucht aller oben genanter Arten unnötig. Bei der anfangs gewählten Inkubationstemperatur von 27-29°C gab es bei allen von mir gehaltenen Geckoarten kein Problem hinsichtlich der Jungtieraufzucht. Sobald die Jungtiere semiadult sind, d.h. 3-4 Monate alt und eine Gesamtlänge von 7-8 cm haben, kann auf das Sprühen verzichtet werden.
Von dauerhafter paarweiser Haltung kann ich nur abraten, weil die Männchen die Weibchen dermaßen stressen bzw. unterdrücken, was den Tod zur Folge haben kann. Deshalb kann ich (P.S.) nur dazu raten, das Männchen unter Kontrolle bis zur erfolgten Paarung zusammenzulassen.
In den Terrarien der adulten Weibchen wird nicht gesprüht; lediglich die 3-5 cm hohe, feuchtgehaltene Eichenblattschicht, die teilweise mit Moos bedeckt ist, sorgt für ausreichende Luftfeuchte. Die Eier wurden nie offen in Blatttrichtern abgelegt, sondern bei höheren Temperaturen in der Laubschicht versteckt, bei kühleren Temperaturen wurden sie in 10-15 cm über Bodenniveau mit Eichenlaub und Moos gefüllten Korkeichenröhren versteckt.Die Temperatur betrug am Eiablageplatz ca. 22-25°C tagsüber und 18-20°C nachts.

Literaturquellen:
BERGHOF, H.-P. (1996): Phelsumen-Steckbrief der IG-Phelsuma
BERGHOF, H.-P. (2003): Phelsuma guttata Kaudern, 1922 – Ein sehr angenehmer Pflegling. Draco 4 ( 15 ) : 59-63
BERGHOF, H.-P. (2005): Taggeckos, Die Gattung Phelsuma, Pflege und Vermehrung
HENKEL, F.W. & SCHMIDT, W. (1991): Geckos: Biologie, Haltung und Zucht HALLMANN, G. & KRÜGER, J. & TTRAUTMANN, G. (1997): Faszinierende Taggeckos – Die Gattung Phelsuma. – Natur- und Tierverlag, Münster, 229 S.
MEIER, H. ( 1980 b ): Zur Lebendfärbung, Lebensweise und zum Verbreitungsgebiet von Phelsuma guttata. – Salamandra 16 (2) : 82-88

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