Futtertierzuchten für Geckos und andere Terrarientiere

von Karsten Reichardt (IGP-Rundschreiben 3/95)

 

Wer insektenfressende Reptilien oder Amphibien in größerer Zahl hält, kennt die Problematik der Futtertierbeschaffung. Für Tiere verschiedener Größe und vor allem für Jungtiere – muss man immer eine ausreichende Zahl von Futterinsekten in verschiedenen „Gewichtsklassen“ parat haben. Der Fang von Wiesenplankton – also bei uns freilebender Insekten – ist wegen möglicher Schadstoffbelastungen und jahreszeitlicher Bestandsschwankungen nicht unproblematisch; außerdem kann das bei einem größeren Bestand an Pfleglingen in echte Arbeit ausarten.

Der Bezug von Futterinsekten aus der Grillenfarm oder dem Tierhandel ist auf Dauer recht teuer; außerdem ist der Zustand der Tiere nicht immer der beste. Sparsam ernährte Grillen sind halt kein optimales Futter. Eine eigene Futtertierzucht ist daher oft die beste Lösung; denn hier hat man die Möglichkeit, durch optimale Ernährung und Vitaminbeigabe eine solide Basis für Haltungs- und Zuchterfolge unserer Lieblinge zu gewährleisten. Ich werde mich an dieser Stelle nur auf einige wenige Futtertierarten beschränken, da man das oft vielfältige Angebot an Futtertieren in freier Wildbahn zuhause ohnehin nicht nachvollziehen kann. Drohenden Mangelerscheinungen muss man dann durch die Beigabe verschiedener Vitamine und Spurenelemente begegnen.
Die von mir in diesem Beitrag gemachten Angaben über die Zusammensetzung und Menge des Zuchtsubstrates sind größtenteils als grobe Vorgaben zu verstehen. Eine sklavisch genaue Einhaltung in Bezug auf Bestandteile und Mengenangaben ist oft nicht notwendig.

Der Zuchtschrank:
Bevor wir mit der Zucht beginnen, ist es angeraten, sich nach einer passenden Unterbringungsmöglichkeit für unsere Futtertierzucht umzusehen. Besonders Grillen, Heimchen und Wachsmaden sind sehr wärmeliebend und brauchen somit ein entsprechendes Umfeld . Form und Größe des Schrankes richten sich nach der benötigten Futtermenge und den örtlichen Gegebenheiten. Ferner ist zu bedenken, in welcher Räumlichkeit der Schrank aufgestellt wird, denn an einem kühleren Ort muss man sich natürlich Gedanken über eine zusätzliche Isolierung (Styroporplatten, z.B. aluminiumbeschichtet) und eine Intensivierung der Beleuchtung und Beheizung machen. Ich persönlich habe den Schrank im Terrarienzimmer unterbringen können, deshalb konnte wegen der durchgehend höheren Umgebungstemperatur auf eine zusätzliche Isolierung verzichtet werden.

Bei der Beleuchtung ergeben sich Variationsmöglichkeiten – leistungsstarke Reflektorlampen sind natürlich Humbug. Als geeignet haben sich erwartungsgemäß Leuchtstoffröhren erwiesen, die mit ihrer eher „sanften“ Wärmeabstrahlung einen gefährlichen Hitzestau vermeiden helfen. Persönlich verwende ich sog. Capri-Patentleuchten, die eigentlich für Aquarien entwickelt wurden. Sie haben ein geschlossenes Gehäuse, einen Reflektor und sind dazu relativ flach. Es gibt sie in zwei verschiedenen Gehäusegrößen, für 15 bzw. 25 Watt. Die größeren 25-Watt-Leuchten halte ich für empfehlenswerter, da man hier auch eine kleine 15-Watt-Birne einschrauben kann, falls die erzeugte Wärme zu stark sein sollte. Ein „Probelauf“ der Anlage sowie eine unterschiedlich stark konzentrierte Anbringung der Beleuchtung/Beheizung ist sehr empfehlenswert, um ein Temperaturgefälle zu erzeugen. So sind für Drosophila Temperaturen, unter denen eine Grillenzucht prächtig gedeiht, eher tödlich. Ferner ist auch auf eine ausreichende Belüftung zu achten. Die Belüftungsöffnungen sind am besten mit Fliegengaze zu verschließen.

Grillen:
Gute Zuchterfolge habe ich vor allen Dingen mit der sog. Steppengrille aus Afrika erzielt. Die Mittelmeergrille, die ich zunächst zusammen mit der Steppengrille züchtete, wurde von dieser verdrängt. Von der Heimchenzucht habe ich nach kurzer Zeit Abstand genommen, da sich diese, wenn sie entweichen, zur Hausplage entwickeln können .

Gezüchtet wird am besten bei Temperaturen von 30-35°C. Die Grillenweibchen legen die Eier in Ablagebehälter, die mit einem Ablagesubstrat gefüllt sind. Die Zusammensetzung dieses Substrates kann unterschiedlich sein – z.B. Sand, Blumenerde, Blumenerde-Sand-Gemisch oder Blumenerde-Seramis-Gemisch. Auch die Form und Größe der Ablagebehälter kann variieren, nur sollte darauf geachtet werden, das die Substratschicht mindestens 4 cm tief ist und ständig feucht gehalten wird.

Die geschlechtsreifen Tiere, die zur Zucht auserkoren sind, werden in Klarsicht-Kunststoffbehältern der Größe 34x21x18 cm gehalten. Pappröhren von Toiletten- und Handtuchrollen dienen als Unterschlupf. Die Legebehälter werden alle 7 Tage entfernt und in kleinere Kunststoffbehälter umgesetzt, wo die Junggrillen nach ca. 10 bis 14 Tagen schlüpfen. Optimal ist es, das Ablagesubstrat nach jeder Schlupfperiode zu wechseln, da es, zumindest nach mehrmaliger Verwendung, zum Verklumpen neigt. Ursache für das Verklumpen sind Kot, Futterreste und andere Verunreinigungen. Grillen sind Allesfresser, und so kann auch der Speiseplan sehr abwechslungsreich sein: Fischfutter, Hundeflocken, Mäusepellets, Trockenfutter für Hunde und Katzen. (Diese Liste ist keineswegs vollständig, hier gilt es zu probieren). Auch altersschwache Grillen fallen häufig dem Appetit ihrer Behältergenossen zum Opfer.

Ich verwende häufig eine Futtermischung aus Weizenkleie, Haferflocken, Mehl, Hefeflocken und Milchpulver, die ich mit Vitaminpräparaten (Korvimin ZVT, Nekton MSA) anreichere, um die Grillen „gehaltvoller“ zu machen. Abrunden kann man das Ganze durch Grünfutter wie Löwenzahn, Klee und Salat. Die Flüssigkeitszufuhr stelle ich nur noch durch das Reichen von Apfelstücken sicher; diese müssen dann natürlich regelmäßig gewechselt werden (alle zwei Tage, auch wenn die Äpfel noch nicht ganz gefressen wurden), da sie sonst austrocknen. Von der direkten Wassergabe über eine Kunststoffröhre mit Wattepfropfen als Verschluss bin ich wegen der Gefahr der Staunässe abgekommen.

Grillen mögen es trocken; zu große Feuchtigkeit ist zudem, zusammen mit Futter und Legesubstratresten, ein idealer Nährboden für Milben. Die regelmäßige Reinigung der Zuchtbecken ist somit angeraten. Bei frisch geschlüpften Grillen ist zu beachten, dass der Flüssigkeitsbedarf etwas höher ist und die Futtermischung nicht zu grobkörnig ist.

Fruchtfliegen (Drosophila):
Die Fruchtfliege gibt es in einer kleinen (D. melanogaster) und einer großen (D. hydei) Form als flugunfähige Züchtung. Diese erhält man im Futtertierversand oder bei anderen Züchtern. Zur Zucht eignen sich Glasbehälter wie z.B. Würstchengläser bestens. In die Gläser wird in einer Höhe von 3 bis 4 cm Futter- und Eiablagesubstrat gegeben.

Bei der Zusammensetzung des Substrates gibt es wiederum mehrere Möglichkeiten, wie z.B. Obstreste, abgelaufene Kindernahrung oder eine Mischung aus Kleie, Hefe, Haferflocken und Bananen. Ich verwende eine Mischung aus Haferflocken, Grieß, Zucker und Banane mit einer Prise Hefe. Die Haferflocken und der Grieß werden zusammen aufgekocht. Die Banane wird zu Brei gestampft und mit Zucker gesüßt. Dann lässt man den Haferflocken-Grießbrei etwas abkühlen und vermischt ihn schließlich mit dem Bananenbrei. Zum Schluss wird das Ganze mit einer kleinen Prise Hefe veredelt. Es empfiehlt sich die Verwendung älterer Bananen, da diese leichter zu verarbeiten sind. Die Futtermischung lässt man am besten 24 Stunden vorgären, bevor man einen Zuchtansatz Fliegen ins Glas setzt. Es ist besser, eine nicht zu geringe Anzahl an Fliegen einzusetzen; dies ist erforderlich, um möglichst schnell eine größere Menge an Maden zu erhalten.

Sollte die Anzahl der Maden zu gering ausfallen, droht Schimmelbildung, da die Maden das Futter nicht rechtzeitig „abarbeiten“ können. Die kleine Drosophila-Form hat übrigens einen nahezu doppelt so schnellen Wachstums- und Fortpflanzungszyklus wie die größere Form. Sie ist besonders geeignet für die Jungtiere der kleinsten Phelsumenarten und anderer kleiner Geckoarten (Lygodactylus, Gonatodes, Sphaerodactylus u.a.).

Die große Form eignet sich hingegen für die Jungtiere mittlerer und großer Taggeckoarten und wird auch von vielen adulten Tieren gefressen. Die kleine Form erscheint mir hierfür etwas zu mickrig. Zu beachten ist ferner, dass die Zuchttemperatur 25°C nicht wesentlich überschreiten sollte. Zu hohe Temperaturen können im Extremfall dazu führen, dass der Futterbrei zu stark ausgast und der Zuchtansatz abstirbt.

Die Luftlöcher im Deckel des Fliegenglases sollte man mit einer dünnen Abdeckung versehen (mehrlagiges Handtuch- oder Küchenpapier, Schaumstoff), da sich die flugfähige Wildform ansonsten mit der flugunfähigen Zuchtform verpaaren würde – der Nachwuchs ist dann zumeist flugfähig! Von Zeit zu Zeit sollte man den Futteransatz durch die Beigabe von Bananenstückchen auffrischen, die für fertig entwickelte Fliegen ein geeigneteres Futter darstellen als das Zuchtsubstrat.

Wachsmotten:
Die Wachsmotte lebt als Schädling an den Waben der Bienenstöcke. Eine Möglichkeit zur Beschaffung eines Zuchtansatzes wäre also das Absammeln der Wachsmaden, von denen sich der Imker sicherlich gern trennt (die richtige Bezeichnung wäre übrigens Wachsraupen, da es sich um Larven von Motten und nicht von Fliegen handelt). Andere Alternativen wären wiederum der Futtertierversand, der Tierhandel oder Terrarianer mit eigener Futterzucht. Es ist keinesfalls notwendig, Wachsmotten in Bienenwaben zu züchten.

Ich züchte mit einer eigenen Mischung aus Weizenkleie, Mehl, Milchpulver (alternativ Säuglingsnahrung wie Milumil in Pulverform), Bierhefe-Streuflocken, Glycerin aus der Apotheke und möglichst flüssigen Honig. Herstellung wie folgt: Glycerin und Honig zu gleichen Teilen vermischen. Diese Mischung stellt 1/5 der Gesamtmenge dar. Die restlichen 4/5 bestehen aus Kleie, Mehl, Milchpulver und einer kleinen Menge Hefe. Dies wird gründlich vermischt und danach sorgfältig mit der Glycerin-Honig-Mischung verrührt.

Das fertige Substrat sollte eher zu trocken als zu feucht sein, da die angesetzten Raupen sonst regelrecht ertrinken können. Für den Ansatz brauchen wir nicht allzu viele Raupen (circa 20 Stück). Die fertig entwickelten Mottenweibchen legen nämlich bis zu 1000 Eier. Dies führt auch bei wenigen Weibchen in einem Zuchtansatz zu ausreichendem Nachwuchs. Als Zeitigungsbehälter eignen sich beispielsweise bauchige Gurkengläser – je größer, desto besser. Bei der Futtermenge sollte man nicht zu sparsam sein; 6 bis 8 cm Substrathöhe sollten es gern sein. Ein paar Stückchen Wellpappe nicht vergessen – sie dienen den Weibchen zur Eiablage. Die ideale Temperatur liegt wie bei den Grillen bei gut 30°C. 4 bis 5 Tage nach der Eiablage schlüpfen die ersten Raupen.

Sie sind zuerst winzig und mit bloßem Auge schwer auszumachen. Nachdem die Wachstumsgeschwindigkeit zunächst eher im überschaubarem Tempo vollzogen wird, scheint nach kurzer Zeit die Zucht regelrecht zu explodieren; d.h. die Raupen nehmen rasch an Größe zu, der Appetit steigt ebenfalls und innerhalb kurzer Zeit ist das Futter aufgezehrt. Die traurigen Reste des Futters fangen nun schnell an zu schimmeln; somit sollte man die Raupen rechtzeitig verfüttern und einen neuen Zuchtansatz erstellen. Die Wachsmade wird bei mir von allen Geckos begeistert gefressen; andere Reptilien dürften hiervon keine Ausnahme machen.

Es sollte aber beachtet werden, dass gut im Futter stehende adulte Tiere bei übermäßigen Genuss der Raupen rasch verfetten. Sie sind aber als Aufbaufutter für Jungtiere und geschwächte oder kranke Tiere ideal, da sie einfach zu erbeuten sind. Die fertige Motte ist auch als Futtertier zu gebrauchen, aber immer entsprechend schwerer zu erbeuten – das muss natürlich nicht unbedingt ein Nachteil sein. Außerdem habe ich in meinem Bekanntenkreis gehört, das vereinzelt kleinere Geckos an Wachsmotten erstickt sein sollen; hierfür wird die starke Beschuppung des Körpers und der Flügel verantwortlich gemacht. Die Schuppen bewirken wahrscheinlich, dass die Motten den Geckos regelrecht in der Speiseröhre stecken bleiben. Vor der Verfütterung von Wachsmotten an kleinere Geckos sei also gewarnt. Zumindest ist hier Vorsicht geboten und der Fressvorgang sollte unter Beobachtung erfolgen um bei eventuellen Komplikationen eingreifen zu können.

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