Fertigfutter für Phelsumen – Pro oder Contra?

von Esther Schmidt (IGP-Rundschreiben 4/99)

 

Wie wichtig eine abwechslungsreiche Ernährung der Phelsumen ist, betont schon GRECKHAMER (1993) in seinem umfassenden Artikel über die Ernährung der Gekkonidae im Terrarium. Gleichzeitig wird dazu aufgefordert, nach immer neuen Futtermitteln zu suchen, um den Tieren ein möglichst breitgefächertes Nahrungsspektrum bieten zu können.
Mit diesen Gedanken im Hinterkopf erwarb ich Anfang des Jahres eine Dose des neuen Day Gecko Food der Firma Zoo Med, um es einfach mal auszuprobieren, obwohl ich diesem Fertigfutter „für alle früchtefressenden Geckos“ eigentlich eher skeptisch gegenüber stand.

Der Eindruck schien sich zu bestätigen, als ich beim Öffnen der Dose ein an Vitaminmischungen erinnerndes Pulver vorfand, die ja bekanntermaßen nicht gerade zu den Lieblingsspeisen der Phelsumen gehören. Um so überraschter war ich, als meine Phelsumen sich beim ersten Fütterungsversuch gierig darüber hermachten.
Das Futter kann, ähnlich wie Blütenpollen, trocken verfüttert werden, sofern stets frisches Wasser zur Verfügung steht. Tatsächlich lecken die Phelsumen das pure Pulver auf. Daher erscheint es mir besonders als „Wochenend“futter geeignet, da ich gerade Jungtieren bei mehrtägiger Abwesenheit gerne eine ständige Futterquelle zur Verfügung stelle und Blütenpollen nicht immer angenommen wird. Weitere Zweifel waren ausgeräumt, als ich mit diesem Futter endlich einen Klemmeri-Schlüpfling zur Nahrungsaufnahme bewegen konnte, der bis dahin alles andere verweigert hatte und bereits Krampfanfälle zeigte. Vielleicht kann das Taggeckofutter ja auch bei der Aufzucht anderer, heikler Phelsumenarten hilfreich sein?

Es stellt sich aber auch die Frage, ob das Futter in seiner Zusammensetzung überhaupt für Phelsumen geeignet ist. Die Analyse der Inhaltsstoffe ergibt (laut Hersteller) folgendes:

  • Protein, min. …….12,0%
  • Fett, min. …………..1,5%
  • Ballaststoffe, max. 3,0%
  • Wasser, max. ……..5,0%

Der Kohlenhydratanteil (nicht angegeben) muß demzufolge recht hoch sein, zumal in der Auflistung der Inhaltsstoffe eine Reihe verschiedener Mehl- und Zuckerarten aufgeführt sind. Daher empfiehlt sich generell eine sparsame Verfütterung, um einer Verfettung der Tiere vorzubeugen.

Der Hersteller listet weiterhin verschiedene Vitamine, Mineralstoffe sowie zusätzliche Bestandteile wie getrocknete Luzerne (hoher Kalziumgehalt, Anm. d. Verf.), Spirulina, künstliches Heidelbeeraroma und die Farbstoffe Betacarotin und Canthaxanthin auf, macht aber keinerlei Angaben zum Gehalt der einzelnen Vitamine und Mineralstoffe bzw. zum Ca/ P- Verhältnis. Auf mehrfache Anfrage, sowohl per Post als auch per e-mail, erhielt ich leider keine Antwort.

Da aber das richtige Ca/ P- Verhältnis in der Reptiliennahrung enorm wichtig ist (DENNERT, 1999), will ich an dieser Stelle kurz darauf eingehen.
Kalzium- und Phosphorstoffwechsel stehen in enger Wechselbeziehung zueinander. Ca. 99% des Körperkalziums und 85% des Körperphosphors sind im Skelett enthalten, wobei der Anteil an Kalzium im Vergleich zu Phosphor etwa doppelt so hoch ist. Bei beiden Stoffen führt eine Unterversorgung zu Rachitis beim juvenilen bzw. Osteomalazie beim adulten Tier. Außerdem wirkt sich ein gestörtes Gleichgewicht im Ca/ P- Verhältnis sehr ungünstig auf die Absorption sowie auf die Einlagerung im Skelett aus. Neben dem häufiger vorkommenden Phosphorüberschuß kann aber auch eine Überversorgung mit Kalzium erfolgen, welches dann in Form von Phosphatsalzen ausgeschieden wird. Der Phosphorentzug resultiert wiederum in Störungen des Skelettstoffwechsels (DENNERT, 1999). Für die meisten Reptilien wird ein Ca/ P- Verhältnis von 1:1 bis 2:1 empfohlen (DONOGHUE & LANGENBERG, 1994). Eine optimale Aufnahme im Verdauungstrakt und der Einbau ins Skelettsystem können allerdings bekanntermaßen nur bei ausreichender Vitamin D3- Versorgung erfolgen.
Dieser kleine Exkurs soll zeigen, daß auch bei scheinbar ausreichender Kalziumversorgung Störungen im Mineralhaushalt zu rachitischen Erscheinungen führen können. Möglicherweise liegt darin ein Ansatz zur Erklärung Rachitis-bedingter Ausfälle, die zunächst unerklärlich scheinen?

Sollte allerdings im „Day Gecko Food“ ein ungünstiges Ca/ P- Verhältnis vorliegen, so wird sich dieses dennoch nicht nachteilig auswirken, sofern es nur gelegentlich als Zusatzfutter verwendet wird.
Meine adulten Phelsumen erhalten ca. alle zwei bis drei Wochen eine Portion, während den Jungtieren in den ersten Tagen stets frisches Pulver zur Verfügung steht. Bisher konnte ich zumindest keine negativen gesundheitlichen Veränderungen feststellen.

Fazit:
„Day Gecko Food“ ist zur Nahrungsergänzung durchaus zu empfehlen, allerdings wäre eine genaue Vitamin- und Mineralstoffanalyse wünschenswert.

Abschließend noch eine amüsante Sache:
Das wichtigste Werbeargument der Hersteller ist nicht ein qualitativ hochwertiges Geckofutter, sondern das Wegfallen des ach so lästigen Früchteschneidens! (s. http://www.zoomed.com)

LITERATUR:
BIRKHAHN,H. (1995): Pflege- und Produktinformation. Essentielle Futterbestandteile und Vitamine. – herpetofauna, Weinstadt, 94: 26-27

DENNERT, C. (1999): Ernährung europäischer Landschildkröten. Teil 1 – Reptilia, Münster, 4 (3): 32-39; Teil 2 – Reptilia, Münster, 4 (4): 51-58

DONOGHUE, S.& J. LANGENBERG (1994): Clinical nutrition of exotic pets. – Austr. Vet. J. 71 (10): 337-341

GRECKHAMER, A. (1993c): Die Ernährung der Gekkonidae im Terrarium am Beispiel der Gattung Phelsuma GRAY, 1825.- herpetofauna, Weinstadt, 15 (83): 10-21

MYERS, A.A.& T.J. MURPHY (1994): Feeding Geckos. – Dactylus, 2 (3): 88-92

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