orale Vergabe Vit.D3 unsinnig ??

Probleme bei der Fütterung? Welche Vitamine und Mineralstoffe? Hier geht es rund um die Ernährung unserer Pfleglinge.
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Fletscher
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orale Vergabe Vit.D3 unsinnig ??

Beitrag von Fletscher » So 28 Jan, 2007 2:22

Hallo zusammen,
jüngst habe ich einige Berichte und wissenschaftliche Abhandlungen im Internet gefunden. Dort heißt es, dass u.a. Taggeckos, wie viele andere Reptilien gar nicht in der Lage sind, Vit.D3 durch orale Gaben zu absorbieren.
z.B.: http://www.sebag-buchmann.de/schildibre ... index.html
Zitat: "Leider gilt es allgemein als ziemlich sicher, dass viele Reptilien kein Vitamin D3 über die Nahrung aufnehmen können, ... " Zitat Ende
Und das ist nicht der einzige Link, den ich diesbezüglich gefunden habe. Desweiteren liegt mir eine pdf-Datei vor von einer Tagung bezüglich Kleintier medizin (u.a. Reptilien). Auch da heißt es, dass Reptilien oral zugeführtes Vit.D3 nicht absorbieren können.

Das schmeißt mein Weltbild etwas durcheinander :?
Bislang hatte ich immer gedacht, dass man möglichst Vit.D3 auch über die Vitaminpräparate zugeben sollte. Von einigen Haltern weiß man ja auch, dass die gar kein UV verwenden und nur Vit.D3 zufüttern.
Was stimmt jetzt ?
Hat jemand diesbezüglich Informationen oder weitere Links ?
Viele Grüße,
Fletscher
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Dieter
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Beitrag von Dieter » So 28 Jan, 2007 11:56

Hallo Thorsten
Interessante Aussage, die ich in dieser Deutlichkeit auch noch nie gehört habe. Ich weiss es auch nicht. Allerdings bin ich der Meinung, dass die körpereigene Produktion von Vitamin D3 über UV-Strahlung bei tagaktiven Reptilien die natürlichere Variante zur Abdeckung des Bedarfs ist. Deshalb habe ich auch in fast all meinen Terrarien entsprechende Lampen installiert. Falsch kann das auf jeden Fall nicht sein.

Gruss Dieter

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Ralph_B
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Beitrag von Ralph_B » So 28 Jan, 2007 13:41

Hallo zusammen,

diese Aussage ist auch falsch und einfach zu widerlegen.

Grundsätzlich können fettlösliche Vitamine wie D3 nur resorbiert werden, wenn in der Nahrung Fett vorhanden ist. Das bedeutet, dass primär vegetarisch lebende Reptilien (wie z.B. Landschildkröten) nur schwierig mit der notwendigen Dosis oral zu versorgen sind. Bei Taggeckos, die sehr fetthaltige tierische Nahrung zu sich nehmen, ist das sehr einfach.

Das zeigt sich auch in der Praxis. Ich selbst halte seit 16 Jahren verschiedene Phelsumenarten ohne dass ich jemals in meinen Terrarien künstliche UV-Beleuchtung verwendet hätte. Die geringe UV-Strahlung, die möglicherweise trotz UV-blockierenden Glases vom Brenner erzeugt wird, wird durch das Schutzglas der Lampe und die Deckscheibe des Terrariums komplett abgeblockt. Trotzdem reicht die alleinige orale Gabe von D3 völlig aus um Mangelerscheinungen gar nicht auftreten zu lassen. Selbst schnellwüchsige Arten wie P.astriata (1 cm Längenwachstum/ Monat) entwickeln sich bei oraler D3 Gabe völlig normal. Allerdings muß man bei diesbezüglich empfindlichen Arten wie P.guimbeaui die D3 und Kalziumversorgung sehr gewissenhaft und konsequent durchführen.

Die zusätzliche Bestrahlung mit UV-Kunstlicht ist sicher kein Fehler und kann als Sicherheitspuffer betrachtet werden. Andererseits würde ich trotz künstlicher UV-Bestrahlung auf die orale Versorgung nicht verzichten. Interessanter Weise scheint der D3-Bedarf der verschiedenen Phelsumenarten unterschiedlich zu sein. Aber bei empfindlichen Arten (z.B. Maskarenenphelsumen) würde ich besonders während der Reproduktionsphase niemals auf orale D3 Versorgung verzichten.

Viele Grüße,
Ralph

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Fletscher
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Beitrag von Fletscher » So 28 Jan, 2007 14:47

Hallo Ralph,
und Danke für die Antwort. Ich selber verwende auch nur mäßige UVB-Bestrahlung und verfüttere deshalb noch Calcicare 40+, welches ja einen ganz erheblichen Anteil an Vit.D3 hat.
Von deinen Erfahrungen bin ich natürlich weit entfernt, aber meine Kenntnis über das Thema Vit.D3 entsprach ungefähr (aber nur grob) dem von dir etwas ausführlicher Beschriebenen, was auch nachvollziehbar ist.
Etwas stutzig macht mich ein Beitrag der Veterinärmedizinischen Uni Wien, im folgenden Link auf Seite 31, erster Absatz.
http://www.uni-giessen.de/~gi1394/dokum ... e_Ha04.pdf
Leider nur etwas beiläufig wird dort beschrieben, dass speziell Taggeckos (Phelsuma) kein Vit.D3 oral absorbieren können. Interessant wäre es, zu erfahren, welche Untersuchungen gemacht wurden, um diese Aussage zu stützen. Bei dieser Veröffentlichung kann ich mir nicht vorstellen, dass da einfach irgendwas behauptet wird ohne empirische Grundlagen.
Jedenfalls werden wir mal versuchen, mehr darüber herauszubekommen.
Die Erfahrungen vieler Phelsumenhalter möchte ich natürlich hier in keinster Weise in Frage stellen. Genau WEIL viele Halter seit langen Jahren kein UVB verwenden und Vit.D3 oral vergeben, will ich das, was ich da gefunden habe, auch nicht so ebend glauben. Aber auch nicht abtun, sondern versuchen, herauszufinden, wie solche Thesen zustande gekommen sind. Ich befürchte jedoch, dass mein laienhaftes Wissen in Punkto Biologie und Chemie irgendwann überfordert ist, je weiter ich nachforsche :?
Viele Grüße,
Fletscher
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Ralph_B
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Beitrag von Ralph_B » So 28 Jan, 2007 15:45

Hallo Fletscher,

ich bin genau deiner Ansicht, dass man solche Behauptungen nicht einfach abtun sollte, zumal die in deiner Quelle zitierten Wissenschaftler auch als Meinungsbildner fungieren. Sehr schnell hat man dann in möglicherweise einmal verbindlichen Haltungsrichtlinien eine "UV-Pflicht" drin, die nur unnötig Geld kostet.

Ich habe deshalb den Vortragenden direkt angeschrieben und hoffe, dass ich genauere Informationen erhalte.

Gruß,
Ralph

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kelli
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Beitrag von kelli » So 28 Jan, 2007 17:31

hallo
ich denke mir das einfach alles noch zu unklar in dieser hinsicht ist.
ich habe 1980 mit je zwei paaren Phelsuma laticauda laticauda und Phelsuma grandis sehr gute zuchterfolge gehabt . zu dieser zeit verwendete ich kein uv licht
und an vitamin- bzw. kalkpräperaten ( es gab ja damals hier nicht dieses überangebot ) verwendete ich ein flüssigmedikament aus der schweinezucht . ich hatte bei keinem der jung- oder alttiere jemals rachitische probleme und ich weiß nicht über wieviele generationen diese tiere ohne blutsauffrischungen gezüchtet worden sind ( DDR )
es wurden damals zwar über die zentrale arbeits gemeinschaft echsen bzw. terrariengruppen tiere getauscht,deshalb hatte ich damals auch von jeder art zwei paare die von unterschiedlichen züchtern waren .ein freund (zahnarzt leidentschaftlicher aquarianer ) mit dem ich über dieses thema sprach sagte mir das es nicht ? unbedingt vitamin d3 sein muß da es erwiesen (?) ist das , daß vitamin d überhaupt verantwortlich für den knochen- und kieferaufbau ist .
gruß kelli

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Ralph_B
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Beitrag von Ralph_B » So 28 Jan, 2007 18:02

Hallo Kelli,

also unkler ist in der Zusammenhang zwischen Vitamin D3 und Mineralstoffhaushalt absolut nicht. Das gehört mittlerweile zum Lehrbuchstoff der frühen Semester in Biochemie.

Die Tatsache, dass Phelsumen nur mit oraler Gabe von D3 erfolgreich aufgezogen und nachgezüchtet werden können, beweist (!) dass D3 von den Tieren resorbiert werden kann und dass das als alleinige Quelle ausreicht.

Interessant wäre für mich zu erfahren, ob und wenn ja welche wissenschaftlichen Arbeiten mit Phelsumen dazu gemacht wurden.

Gruß,
Ralph

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Beitrag von kelli » So 28 Jan, 2007 18:51

hallo ralph
über die wissenschaftlichen abhandlungen kann ich dir auch nicht weiterhelfen, da ich von den rundbriefen , elaphe u.s.w. leider auch nichts mehr in meinem bücherregal stehen habe. es wäre für mich mal interesant was du als vitamin d3 quelle verabreichst ?
aber es könnte doch auch sein z.b. auf grund der herkunft das einige phelsumen z.b. auch vitamin d oder d2 allein in d3 umwandeln könnten um es zu verbrauchen ?
bei anderen tieren (selbst beim menschen ) geht doch das auch.
ich habe keine erfahungen mit den heiklen arten , aber warum sind diese arten heikel ???? ich denke weil irgend eine kleinigkeit von ihnen nicht bekannt ist . das ist doch bei vielen sachen so.bei fischen einer familie
selbst wenn sie nur 10 km auseinander leben gibt es doch manchmal
riesengroße unterschiede in der haltung und zucht .
gruß kelli

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ozeiske
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Beitrag von ozeiske » So 28 Jan, 2007 19:08

Hallo Ralph,
finde ich klasse, dass du dich gleich an den Autoren gewandt hast - bin schon sehr gespannt ob da etwas erhellendes speziell zu Phelsumen kommt.
Als ich die von Thorsten eingehens zitierte Aussage über die UVB-Abhängigkeit von Phelsumen las habe ich mich gefragt, ob die Gattung Phelsuma eigentlich auf nachtaktive Vorfahren zurückzuführen ist - wäre für mich dann noch schwieriger nachzuvollziehen... Ist dazu etwas bekannt?

Einen mir sinnvoll erscheinenden Hinweis - leider nicht speziell zu Phelsumen - der deutlich macht, dass die Frage "per Nahrung" oder "per UVB" nicht im Sinne von "entweder, oder" zu beantworten sein muss fand ich unter http://www.anapsid.org/gehrman2.html:

UVB is noted for its ability to promote the synthesis of vitamin D3 (D3) in the skin. The extent to which dietary D3 can compensate for an insufficiency of UVB-synthesized D3 remains problematic. Over the last ten years, I have raised several generations of eyed skinks, Chalcides ocellatus, in environments totally devoid of UVB and with D3 provided from diet. On the other hand, green iguanas, Iguana iguana, appear to be able to utilize UVB-synthesized D3 better than dietary D3 (Bernard, 1995). In addition, Ferguson, et al. (1996) present evidence that UVB may be more effective (than dietary D3) in promoting egg hatchability in panther chameleons (C. pardalis).

Könnte bedeuten, dass bei vielen omnivoren Echsen beide Wege parallel funktionieren, vielleicht sogar veränderlich...

Viele Grüße,
Olaf

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D2 oder D3

Beitrag von ozeiske » So 28 Jan, 2007 21:15

Hallo Kelli,
zu deiner Anmerkung zu D2 habe ich einen nicht weiter erläuterten Kommentar gefunden, in: http://www.anapsid.org/vitamin.html:
"D3 (cholecalciferol) is essential to calcium metabolism, and is made in the iguana (and human, for that matter) skin by contact with sufficient UVB wavelengths. Plants contain another type of vitamin D, called D2 (ergocalciferol). D2 is not nearly as efficient, close, in fact to being worthless, at metabolizing calcium, hence the need for D3."

Ob Menschen und Leguanartige mehr Ähnlichleiten als letzterer zu Phelsumen haben, bleibt aber auch hier wieder völlig offen...

Viele Grüße,
Olaf

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Beitrag von Fletscher » Mo 29 Jan, 2007 0:15

Ralph_B hat geschrieben:Ich habe deshalb den Vortragenden direkt angeschrieben und hoffe, dass ich genauere Informationen erhalte.
Da hatten wir denselben Gedanken. Nun, ich gehe davon aus, dass du bezüglich deines backgrounds sicher eher eine Antwort bekommst und würde dich daher bitten, uns nur mitzuteilen, ob der Referent an seiner Aussage festhält, oder es sich gar um ein Missverständnis handelte. Womöglich war die pure Vergabe des Präperates, ohne tierisches Futter gemeint. Das würde ja mit deiner Ausführung nicht so sehr kollidieren.
Wie auch immer, ich bin sehr gespannt ...
Viele Grüße,
Fletscher
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Beitrag von Ronny » Mo 29 Jan, 2007 2:25

Hallo zusammen,
das ist ja mal ein ganz heißes Thema. Schön, daß hier auch einmal Dinge zur Sprache gekommen sind, die mir schon lange am Herzen liegen (Beleuchtung).

Man möge mir verzeihen, aber ich messe der Aussage des genannten Abschnittes keine große Bedeutung zu. Vielmehr behaupte ich, daß der Autor sich selbst unsicher ist und sich aus diesem Grund gleich zwei Hintertürchen offen gelassen hat.
Laßt es mich erklären:
ad 1 schreibt er: es gilt als ziemlich sicher... ja was nun, sicher oder nicht? Wo bleiben die Fakten?
ad 2 spricht er von vielen Reptilien... keineswegs von allen oder um welche es sich handelt. Und angesichts der Anzahl der Reptilien auf unserer Erde ist die Aussage VIELE verdammt relativ.

Fakt ist, ich habe noch nie UV-Haltige Beleuchtungsmittel eingesetzt sondern nur mit Vitaminpräparaten bestäubte Futtertiere verabreicht und noch nie ein Tier an Rachitis verloren!
Fakt ist, ich habe ein dämmerungs-bzw. nachtaktives Reptil welches an Rachitis erkrankt war, mittels oraler Gabe eines D3-Medikaments geheilt. Das Tier lebt seit dem schon 5 Jahre und erfreut sich bester Gesundheit.

Seid mir nicht böse, aber ich bin halt skeptisch darüber, ob der Autor überhaupt weiß, was er in Punkt 1.4 seiner Abhandlung verzapft hat.

Viele Grüße
Ronny
http://www.phelsuma-friends.com
Kräht der Maulwurf auf dem Dach, liegt der Hahn vor lachen flach.

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Beitrag von Fletscher » Mo 29 Jan, 2007 8:23

Hi Ronny,
zuletzt ging es eher um zweitere verlinkte, wissenschaftliche Abhandlung. Da sind Phelsumen direkt genannt worden.
Bezüglich erstem Link gebe ich dir Recht. Das kann man notfalls auch getrost anzweifeln und abhaken.
Viele Grüße,
Fletscher
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